Wie die Lianen in den Dschungel kamen
Eine Legende des Guarayu Indianer aus Bolivien.
In den alten Tagen, als der Himmel noch so tief war, dass die Urwaldriesen ihn fast berühren konnten, gab es Truppen hungriger Jaguare, die alles was lebte aßen. Die Indianer fürchteten sie am meisten, und sie dachten darüber nach, wie sie sich am besten schützen könnten. Es gab nicht einen Tag, an dem nicht ein Indianer eine unfreiwillige Mahlzeit war für einen Jaguar. Das einzige, was sie tun könnten, war weg zu laufen so schnell wie möglich - aber wohin mussten Sie fliehen, während ein paar hungrige Jaguaraugen hinter jedem Baum funkelten.
Eines Tages hatte ein alter Schamane eine Rettende Idee ... Er nahm seinen Bogen in die Hand, schoss einen Pfeil in den Himmel, dann einen zweiten und einen dritten ... und bald entstand eine Leiter die vom Himmel zur Erde reichte. Die Indianer waren alle um ihn herum und kletterten die Sprossen nach oben, schließlich auch der alte Schamane. Die Jaguars schnaubten vor Wut, als sie bemerkten, dass ihre beste Beute geflohen war. Sie versuchten die Leiter hinter den Menschen her zu klettern, aber sie konnten das nicht. Die Sprossen waren so hart und glatt, dass die scharfen Krallen der Jaguare keine Unterstützung fanden. Die Indianer waren geschützt und glücklich und warteten ab, was ihre Feinde tun würden.
Die Jaguare verließen die Leiter nicht. Sie gingen mit den Zungen vom Becken zur Leiter zurück und wurden dabei immer dünner, weil auch alle anderen Tiere einen sicheren Ort gefunden hatten. Kein Wunder, dass viele Jaguare kurz darauf starben. Und wenn sie nicht einen klugen Führer gehabt hätten, wären viele Jaguare gestorben. Der Führer sagte: "Die Indianer lachen über uns und bald werden wir auch den letzten Rest unserer Stärke und Agilität verlieren. Wir müssen gehen, Brüder, solange wir noch können .. " Es war wirklich lustig zu sehen, wie die blutrünstige Gruppe Jaguare mit den Schwänzen zwischen den Beinen zurückzog.
Die Indianer atmeten auf. Am nächsten Tag kehrten sie in ihre Dörfer zurück. Nur der alte Schamane zerbrach sich den Kopf über das, was getan werden muss mit der Leiter. Die Indianer würden es nicht verwenden. Ihre Heimat war auf der Erde, in dem Dschungel. Aber es wäre schade um so eine gute Leiter nicht zu nützen! Der Schamane hatte eine andere Idee. Er packte die unterste Sprosse mit beiden Händen und schüttelte so lange die Leiter bis sie mit viel Lärm fiel. Mann würde glauben das die Leiter auseinander fallen würde. Nein, wo sie gelandet ist, wuchsten starke, flexibele Zweige. Sie zogen sich an den nächsten Bäumen und den darnächsten Baum hoch. Sie schlängelten sich um die Stämme und sprangen von Zweig zu Zweig – durch den ganzen Dschungel!
Der Schamane war zufrieden. Anstelle der Sprossen der Himmelleiter wurden es jetzt sprießende Lianen, mit deren Hilfe die Indianer gefährliche Sümpfe überqueren konnten oder mit welchen sie knoten konnten. Dass er köstliche Schaukeln für die Kinder und die Affen gezaubert hatte, das hat der Schamane nie vorstellen können.
* * * ENDE * * *
Quelle: "Märchen der Indianer. Mythen, Märchen und Legenden der Indianer von Mittel- und Südamerika" durch Wladimir Hulpach, von Anke Eggink übersetzt. Herausgeber Ankh-Hermes, Deventer, 1979. ISBN: 90-202-0044-5